Herbstexkursion 2017 in Luzern

Samstag, 23. September 2017

Pünktlich um 9 Uhr trafen sich 17 getreue VAKW Mitglieder im Bahnhof Luzern zur Herbstexkursion. Der Vormittag brachte uns die moderne Art der Hagelmessung nahe, der Nachmittag konfrontierte uns mit den Zeugen der Kalt- und Heisszeiten.

Orientierung Stärkung im N'ICE
Der Präsident, Peter Albisser orientiert die Teilnehmenden über den Ablauf des Tages Zuerst gibt's eine Stärkung im Restaurant N'ICE im Eiszentrum Luzern.

Hagelmessung mit HailSens und HailCar


Mario Betschart, inNET Monitoring AG, Altdorf
 

Die Firma inNET ist spezialisiert in der Überwachung der Luftqualität, des Verkehrsflusses, der Wasserqualität sowie von Lärm- und Lichtemissionen. Eine grosse Lücke bisher war, den Hagel quantitativ zu beobachten: nicht nur qualitativ mit Niederschlagsradar oder Augenbeobachtungen oder auch dem Rapportieren von beobachteten Hagelschäden an landwirtschaftlichen Produkten und an Gebäuden und Autos, sondern echt quantitativ: Grösse und Anzahl von Hagelkörnern, Dauer des Hagelschlages und kinetische Energie der eintreffenden Hagelkörner. Und das alles realtime und online. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit einem deutschen Forschungsinstitut ein Prototyp entwickelt. Die Hagelkörner prallen auf eine Kunststoffplatte, erzeugen ein Geräusch und bringen die Platte in Schwingungen. Ein Mikrophon und eine komplexe Elektronik messen die Schwingungen und werten sie aus. Der Prototyp ist heute funktionstüchtig und geht bald in die Serienproduktion.

iNET Kantonsschule Luzern
Mario Betschard erläutert in einem spannenden Vortrag den Tätigkeitsbereich der Firma inNET Monitoring sowie die Entwicklung des Messsensors HailSens. Gespannt lauscht die Zuhörerschaft den Ausführungen in einem Raum der Kantonsschule Luzern.

Zahlreiche Interessenten aus Versicherung, Landwirtschaft und Forschung wollen die Geräte weltweit einsetzen. Und natürlich wäre es schön, wenn der Sensor auch in den Gerätepark von automatischen Wetterstationen integriert werden könnte. So würden Grundlagen für eine verbesserte Hagelklimatologie und -statistik entstehen.

Da die Hagelgebiete immer sehr stark lokal beschränkt sind, kam die Idee auf, ein mobiles Messgerät zu entwickeln, das zum potentiellen Hagelgebiet fahren kann: der HailCar. Damit wären zahlreichere Vergleiche zwischen Hagelsensor und Niederschlagsradar möglich, um die Geräte zu kalibrieren. Allerdings ist der Betrieb des HailCars aufwändig: Stormchasers werden noch gesucht!

iNET Hail Sensor iNET Hailcar
Draussen auf einem Fahrzeug, dem HailCar, ist der Sensor installiert, der die Hagelkörner registriert: Grösse, Anzahl, Dauer, kinetische Energie. Im Auto drin sind alle Geräte, die für die Daten-Kommunikation und für die Verfolgung der Hagelzellen nötig sind, untergebracht. Der HailCar auf der Fahrt zum nächsten Einsatz. Man erkennt auch die Wetterstation und die Videokamera, welche die Hagelkörner beim Aufprall beobachtet.

Für die Mittagspause haben wir uns dann ins Restaurant Rebstock verschoben, wo wir ein ausgezeichnetes Mittagessen in historischer Umgebung genossen haben. Von dort waren es dann nur noch ein paar Schritte zum Löwendenkmal und Gletschergarten.

iNET Hail Sensor Weg zum Gletschergarten
Im Restaurant Rebstock gab's feines Mittagessen. Auf dem Weg zum Löwendenkmal und Gletschergarten

Gletschergarten: von der Eiszeit zur Heisszeit


Dr. Andreas Burri, Direktor des Gletschergartens

Vor dem Löwendenkmal empfing uns Andreas Burri. Er schilderte anschaulich, wie sich der Ort hier vom Palmenstrand vor 20 Mio. Jahren zum Luzerner Sandstein der oberen Meeresmolasse und dann zum Steinbruch der Stadt Luzern und schliesslich zum Standort des Löwendenkmals verwandelte. 15 Grad wärmer als heute war es im Miozän. Die Alpenfaltung erfasste dann die Ablagerungen und stellte sie schräg, was schön an der Schichtung zu erkennen ist. Das heisst wir befinden uns hier noch am Rand der Alpen, das flache Mittelland beginnt mehr nördlich erst beim Rotsee.

Gruppenbild Löwendenkmal
Gruppenbild der VAKW Exkursionsteilnehmenden 2017 vor dem Löwendenkmal. Dieses Dankmal ist eine der touristischen Hauptattraktionen von Luzern und wird von unzähligen asiatischen Touristen besucht. Das Löwendenkmal von 1821 erinnert an den Tod von etwa 300 Schweizergardisten beim Sturm auf die Tuillerien von 1792. Das Denkmal ist in den Luzerner Sandstein der oberen Meeresmolasse gehauen. Diese wurde vor 20 Mio. Jahren (im Miozän) hier am Palmenstrand des Meeres abgelagert. Später wurden die Schichten durch die Alpenfaltung schräg gestellt.

Im Gletschergarten sahen wir die vielen Gletschertöpfe. Man weiss heute, dass dies nicht "Gletschermühlen" sind, die von einem zentral gedrehten Stein, der sich ins Gestein mahlte, erzeugt wurden. Die Steine, die hier in den Töpfen liegen, wurden von Menschen dorthin gebracht.

Im Maximum war der Gletscher hier etwa 800 m dick! Beim Abschmelzen des Gletschers floss dann ein Teil des Schmelzwassers durch die Gletscherspalten bis zum Grund des Gletschers und konnte dort die Gletschertöpfe formen. Vor etwa 10'000 Jahren war dann der Gletscher weitgehend abgeschmolzen und die heutige Landschaft formte sich. Hier im Gletschergarten traten dann auch noch sogenannte "Sichelbrüche", Halbmondartige in den Fels geformte Erscheinungen an der Felsoberfläche zu Tage. Diese entstanden durch angefrorene Teile, die beim Abreissen die Sichelbrüche verursachten. Sie sind offen nach Süden, das heisst der Gletscher hat sich nach Norden bewegt. Zahlreiche Findlinge zeugen vom eiszeitlichen Reussgletscher, der vor 30'000 bis 16'000 Jahren die Steine von den Urner Alpen hierher transportiert hat.
In der sehenswerten "Jahrmillionen-Show" konnten wir uns abschliessend diese ganze Entwicklung im Detail anschauen.

Im Gletschergarten Gletschertöpfe
Der Direkor des Gletschergartens, Andreas Burri, erläutert uns die Entstehung der Gletschertöpfe und erklärt die Herkunft der Findlinge. Die Gletschertöpfe enstanden durch die mit Feinstoffen angereicherten Wasserstrudel, die sich am Bett des abschmelzenden Reussgletschers in den Untergrund einfrassen.

Alle Teilnehmenden waren begeistert von dieser abwechslungsreichen Exkursion, die bei schönstem Herbstwetter durchgeführt werden konnte. Herzlichen Dank an Peter Albisser und Pierre Kurt für die hervorragende und umsichtige Organisation.


Text und Fotos: Bruno Schädler

Weitere Infos unter:  www.innetag.ch
  www.gletschergarten.ch
Noch mehr Bilder unter:  https://photos.app.goo.gl/aDxvDZQlk1DfrONI2