VAKW Herbstexkursion 2019 in Zug

Samstag, 21. September 2019

Bei herrlichem Herbstwetter trafen sich 27 VAKW-Mitglieder und Gäste in der Brasserie "Löwen am See" zum Auftakt der diesjährigen Herbstexkursion. Bei Kaffee und Gipfeli begrüsste unser Präsident Peter Albisser die erwartungsvollen Gäste. Der Besuch der Ausstellung "Ernstfall!: die Schweiz im kalten Krieg" und eine Führung durch die Altstadt von Zug standen auf dem Programm. Nach kurzem Fussmarsch erreichten wir die Burg Zug, deren Ursprünge bis ins 12. Jahrhundert zurück reichen. Nachdem das Gebäude aufwändig renoviert wurde, ist in der Burg das historische Museum eröffnet worden.

Die Burg von Zug Bloodhound Rakete
Myriam Kärvas
Die Burg Zug.
Frau Myriam Kärvas führt uns durch die Ausstellung (rechts unten).
Im Burghof ist eine ausgediente Bloodhound Lenkwaffe ausgestellt, die früher auf dem nahen Gubel bei Menzingen stationiert war. Heute ein Museum.

Ernstfall!: die Schweiz im kalten Krieg

Frau Myriam Kärvas, Fachreferentin Museum Burg Zug

Schon vor der Burg begrüsst uns Frau Kärvas, die uns mit äusserst interessanten Ausführungen durch die Sonderausstellung im Untergeschoss der Burg führt. Anlass der Sonderausstellung ist, dass vor 30 Jahren mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 der Kalte Krieg ein symbolisches Ende fand. In der Ausstellung wird dargelegt, wie sich die Spannungen zwischen den beiden Macht-Blöcken aufgebaut haben, bis zum Höhepunkt der atomaren Abschreckung. Und wie sie schliesslich - nicht zuletzt vor der Vorstellung eines allfälligen "Nuklearen Winters" - durch verschiedene Abrüstungsverträge teilweise wieder abgebaut werden konnten. Und letztlich dank "Glasnost" zum Ende des kalten Krieges führte.

Es wird aber auch gezeigt, welch aufgewühlte oft ideologisch aufgeladene Stimmung in der Schweiz beim Militär, in der Politik und in der Gesellschaft geherrscht hat, mit wechselseitigen Feinbildern. Auch wird dargelegt, wie dann ab dem Jahre 1968 neue gesellschaftliche Forderungen zu innenpolitischen Konflikten führten, welche letztlich im "Fichenskandal" und der GSoA-Armeeabschaffungsintiative einen vorläufigen Höhepunkt fanden.

Zahlreiche Exponate illustrieren in der Ausstellung die verschiedenen Themenbereiche. Eine Weltkarte am Eingang zeigt eindrücklich die damalige geographische Verteilung der Blöcke und ihre verwobenen Einflusssphären sowie die Konfliktgebiete rund um den Erdball. Die Rolle des Zivilschutzes bis hin zum berühmt-berüchtigten Zivilverteidigungsbuch wird z.B. mit den verhassten "Nagel-Kursen" illustriert. Die älteren Exkursionsteilnehmenden konnten sich sehr lebhaft an fast alle Themen erinnern, für die jüngeren war vieles Neuland.

Aus meiner Sicht kann die Ausstellung die Stimmung in der Gesellschaft in Bezug auf den kalten Krieg, wie sie damals herrschte, zu wenig deutlich wiedergeben: die Ungarnkrise 1956, die Kubakrise 1962, die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968, die Abschottung des Ostblockes durch den eisernen Vorhang, die Berliner Mauer und die damit verbundene Unmöglichkeit von Reisen von und in den Osten prägten die Wahrnehmung von grossen Teilen der Bevölkerung in Bezug auf den Kommunismus und den Kalten Krieg.

Machtblöcke im Kalten Krieg Schatten simulierter Tupolew Bomber
Die Übersichtskarte mit der Verteilung der Machtblöcke und Krisenherde im Kalten Krieg. Und immer wieder fliegen die strategischen Tupolew Bomber vorbei.
Atomraketen der beiden Blöcke Rathauskeller in Zug
Das Gleichgewicht des Schreckens, symbolisiert mit den Atomraketen der beiden Blöcke. Mittagessen gibt's im historischen Rathauskeller.

Für die Mittagspause haben wir uns dann ins Restaurant Rathauskeller verschoben, wo wir ein ausgezeichnetes Mittagessen in historischem Ambiente genossen haben.

Altstadtführung Zug

Andreas Bossard, alt-Stadtrat

Schnell stellt sich heraus: Andreas Bossard ist ein exzellenter Stadtführer: er kennt die Stadt, ihre Geschichte und ihre Politik von innen heraus, und er ist ein begnadeter Erzähler. Wir starten am Zytturm, dem Wahrzeichen von Zug. Mit 52 m Höhe überragt er alle anderen alten Türme. Seit 1480 konnte man schon die Zeit ablesen, 1574 wurde die grosse heutige Uhr eingebaut. Wir steigen die steile Treppe hoch, vorbei am Gefängnis und der astronomischen Uhr, hinauf bis zur Wachtstube. Ein schöner Ausblick über die Dachlandschaft der Altstadt bis hinaus auf den See belohnt die Mühe.

Teilnehmer der Herbstexkursion VAKW
Wachtstube des Zytturms Zug
Zytturm Zug
Oben: Gespannt lauschen die Teilnehmenden den Erläuterungen von Stadtführer Andreas Bossard.
Unten: In der Wachtstube des Zytturms.
Der Zytturm in der Zuger Altstadt.

Wieder unten auf der Strasse stehen wir vor dem Rathaus, welches 1505-1509 erbaut wurde. Andreas Bossard erzählt von seinem Urgrossvater, der als "Wetterschmöcker" bekannt war. Bevor er mit der Arbeit in seiner Schreinerei begann, ist er jeweils am Morgen runter an den See, und hat sich von der Stimmung inspirieren lassen zu seinen Wetterprognosen. In der Unteraltstadt kann man die Konsequenzen des Stadtbrandes von 1371 sehen: die damaligen wieder neu errichteten Holzhäuser wurden alle an der Fassade mit Gips verkleidet. Heute ist das Haus Nr. 16 wieder vom Gips befreit, und man kann die darunter liegende Holzkonstruktion sehen.

Eine ganz andere Katastrophe suchte Zug zweimal heim: am 4. März 1435 versanken zwei Häuserzeilen der untersten Gassen mit insgesamt 26 Häusern in den Fluten des Zugersees, mit ihnen auch das damalige Stadtarchiv. 60 Menschen fanden in den Fluten den Tod. Was war passiert? Die unteren Teile der Altstadt wurden auf Alluvionen der hier mündenden Bäche erstellt, ohne dass die Last der Häuser auf Pfählen abgestützt wurde. Mit der Zeit wurde die Last der Bauten so hoch, dass die obersten Schichten - völlig unerwartet und überraschend - auf den darunter liegenden Seekreideschichten abrutschten. Ein zweites Mal rutsche ein Teil der Vorstadt - dort wo heute die Schiffe anlegen - ab. Auf künstlichen Aufschüttungen wurden Quaianlagen und Häuser erbaut. Trotz ersten Mauerrissen und einem warnenden Gutachten stürzte das Ufer 1887 ein und 300 Menschen verloren ihr Heim, 11 kamen ums Leben.

Der Zugersee hat nur einen bedeutenden Zufluss: die Lorze, ein relativ kleines Flüsschen, welchs unweit vom Zufluss auch wieder den See verlässt. Zusammen mit der grossen Tiefe und dem grossen Volumen des Sees ist das ein Grund für eine schlechte Durchmischung, was zur Folge hatte, dass die Wasserqualität immer schlechter wurde. Erst eine Ringleitung um den See, die alle Abwässer sammeln konnte, brachte eine bedeutende Wasserqualitätsverbesserung. Dadurch kann auch der spezielle Zugerseefisch, das Zuger Röteli, eine Unterart des Saiblings, wieder gedeihen. Eine Fischzuchtanlage in der Unterstadt - heute eine Fischereimuseum - diente der Aufzucht der Fische. Erstmals in der Schweiz wurde mit dem Zugersee auch ein See künstlich abgesenkt: Weil die Strassenverbindung zwischen Zug und Cham immer wieder wegen Hochwassers unpassierbar war, entschloss man sich zur Seeabsenkung. Dazu musste der Abfluss, die Lorze, tiefer gelegt werden. Ein provisorisches Holzwehr sollte beim See die Baustelle in der Lorze trocken halten. Ein Dauerregen im Juni liess den See ansteigen und das Holzwehr brach, sodass sich eine Flutwelle Lorze-abwärts wälzte und das Zisterzienserinnenkloster Frauenthal sowie die umlegenden Allmenden überschwemmte. Die Absenkung von 1.7 Metern führte zu einem Landgewinn von etwa 1.6 km2. Anderseits wurde die Uferzone durch das rasche Absinken destabilisiert und es gab viele Uferabbrüche und Erdschlipfe rund um den See. Durch eine zweite Seeabsenkung wurde der See bis 1642 sogar um insgesamt fast 3 Meter abgesenkt.

Die Wasserversorgung von Zug wird durch verschiedene Quellen und Grundwasserpumpwerke sichergestellt. Verschiedene Brunnen in Zug bringen das Wasser in ausgezeichneter Qualität schon seit früher in die Stadt. Die Abwasserentsorgung jedoch war wie in allen Städten bis ins 19. Jahrhundert eine üble Sache: Abwasser und Abfälle landeten in den Ehgräben. Dies sind schmale, nicht bebaute Streifen zwischen den Häusern, gerade so breit, dass "sich eine Sau drin kehren kann". Entsprechend waren damals die hygienischen Verhältnisse schwierig, um nicht zu sagen verheerend.

Abschliessend besuchen wir noch die Liebfrauenkapelle, das älteste Gotteshaus in Zug. Sie entstand im 13. Jahrhundert und ist Bestandteil der alten Stadtmauer. Innen dominieren Wandmalereien der Spätgotik und ein barocker Marienzyklus. Sie wird auch Werktagskirche genannt, und ist beliebt für Hochzeiten.

Aussicht vom Zytturm Unteraltstadt Zug und Liebfrauenkapelle
Aussicht vom Zytturm auf die Altstadt und den Zugersee. In der Unteraltstadt. Hinten die Liebfrauenkapelle.
Leitern und Körbe für den Chriesisturm Skulptur Seesicht von Roman Signer
Leitern und Körbe, die auf den Zuger Chriesisturm warten. Der "Chriesisturm" ist ein alljährlich wiederkehrender Brauch in Zug. Seesicht: ein Kunstwerk von Roman Signer.

Alle Teilnehmenden waren begeistert von dieser abwechslungsreichen Exkursion, die bei schönstem Herbstwetter durchgeführt werden konnte. Herzlichen Dank an Peter Albisser und Pierre Kurt für die hervorragende und umsichtige Organisation.

Text und Fotos: Bruno Schädler

Weitere Informationen unter:
https://www.burgzug.ch/
https://www.bloodhound-museum.ch/
Flyer Zuger Stadtrundgang (PDF)
chamapedia.ch Erste Seeabsenkung (Lorzenabgrabung)
www.zugerchriesi.ch